Storytelling Techniken: Illustration und Collage von Geschichten.

Storytelling Techniken: Wie kommt man auf gute Geschichten?

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Storytelling Techniken sind die Abkürzung zu einer spannenden Geschichte. In diesem Artikel zeige ich Ihnen 10 erprobte Wege, wie Sie auf gute Storys kommen.

Storytelling Techniken: Wie Pixar auf Geschichten kommt.

Die Pixar Animation Studios gehören zu einer Abteilung der Walt Disney Company und sind auf Filme mit Computeranimationen spezialisiert. Pixar hat zum Beispiel Toy Story auf die Leinwand gebracht, Die Monster AG, Cars, Ratatouille, Oben oder Die Unglaublichen 2, alles bekannte Hits. Das Unternehmen weiß also, wie man Geschichten erzählt, die weltweit ein Millionenpublikum begeistern.

Das Erfolgsrezept von Pixar bei der Ideenentwicklung ist, das Pferd sozusagen von hinten aufzuzäumen. Die Kreativen bei Pixar konzentrieren sich auf den Schluß des Films. Das macht Sinn, denn der Schluß ist das Bild, das beim Publikum nach dem Film am ehesten im Kopf bliebt. Es ist das Bild, mit dem das Publikum nach Hause geht. 

Pixar fragt sich ganz am Anfang: Wie sieht der Schluß aus? Welcher Konflikt wird am Ende auf welche Weise gelöst? Was kann man daraus lernen, was soll die Aussage des Films sein?

Diese Fragen führen dazu, dass man sich automatisch damit beschäftigt, wie der Grundkonflikt aussieht. Pixar überlegt sich zuerst das Ende, dann den Anfang und erzählt die Geschichte als Spannungsbogen vom Anfang zum Ende. Das hat den Vorteil, dass man immer exakt so endet, wie man es möchte. Die Autoren verzetteln sich nicht, sie kommen präzise ans Ziel. 

Storytelling Techniken: wie Michael Ende auf Geschichten kam.

Michael Ende gehörte zu den erfolgreichsten deutschen Jungendbuchautoren seiner Zeit. Ihm verdanken wir Klassiker wie „Die unendliche Geschichte“, „Momo“ und „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“. Während Pixar genau weiß, wie die Geschichte ausgeht und vom Schluss her denkt, macht Michael Ende genau das Gegenteil: Ende konzentriert sich auf den Anfang. Er schreibt den ersten Satz ohne eine Vorstellung davon zu haben, wo das Ganze hinführt.

Über seinen ersten großen Erfolg, Jim Knopf, gibt es ein interessantes Zitat:

Was auf den ersten Blick eher nach einem Glückstreffer klingt, ist bei näherer Betrachtung gar nicht so verrückt. Steven King etwa geht ähnlich vor. Auch bei ihm steht ein kurzer, einfacher Grundgedanke am Anfang der Geschichte, aus dem sich alles Weitere entwickelt.

Storytelling Techniken: Illustration eines Kampfes zwischen Prinzessin und Zauberin.
Storytelling Techniken: Wie kommt man auf spannende Geschichten?

Storytelling Techniken: Wie Steven King auf Geschichten kommt.

Steven King ist einer der bekanntesten und erfolgreichen Autoren der Gegenwart. Seine Technik des Storytellings basiert auf einem einfachen Grundgedanken: What if…? Was wäre, wenn? King überlegt sich Situationen, die interessant und relevant für sein Publikum sind. Das ist sein Startpunkt, von dem aus sich die Geschichte sozusagen von selbst schreibt. 

King selbst erklärt seine Methode folgendermaßen:

Hinweis zum Begriff „Plotten“: Ein Plot ist die stichwortartige, chronologische Aufzählung aller Ereignisse in deiner Geschichte.

Quelle: King, Stephen: “How to write”. In: The Observer, 1. Oktober 2000

Edgar Wallace war einer der erfolgreichen englischsprachigen Kriminalschriftsteller aller Zeiten. Er war überaus fleißig und schrieb Geschichten am laufenden Band, wie in einer Fabrik. Es ist überliefert, dass Wallace an mehreren Geschichten gleichzeitig arbeitete und den 320-Seiten-Roman „Die seltsame Gräfin“ an nur vier Tagen schrieb. Der Grund dafür: Wallace hatte einen aufwändigen Lebensstil und wann immer er Geld brauchte, schrieb er gezielt einen Bestseller. Dieser Plan ging zwar auf, aber das Geld, das er so verdiente, war schnell wieder ausgegeben. 

Autor Edgar Wallace
Erfolgsautor Edgar Wallace

Wer einige Bücher von Edgar Wallace gelesen hat, der merkt, dass sich manche Elemente wiederholen. Man liest überspitzt gesagt das gleiche Buch – nur immer wieder anders. Wallace hatte nämlich ein exzellentes Gespür dafür, was sein Publikum interessant fand: exotische Morde, bei denen die Bösen bestraft wurden. Die exotischen, ja bizarren Morde spiegeln sich in den Buchtitel wider: Der schwarze Abt. Der unheimliche Mönch. Die toten Augen von London. Die Bande des Schreckens. Die Tür mit den sieben Schlössern. Die gelbe Schlage. Der Hexer. Und so weiter. 

Wallace wurde nachgesagt, er habe ein großes Rad, auf dem typische Elemente seiner Geschichten stehen und das er wie ein Glücksrad drehe, um die immer gleichen Elemente neu zusammenzustellen: 

  • Das bizarre Rätsel (schwarzer Abt/unheimlicher Mönch)
  • Der ehrgeizige und eitle Ermittler, der den guten und fähigen Chefermittler verdrängen möchte
  • Der Chefermittler, der sein Bestes gibt, den Fall zu lösen 
  • Die junge, unschuldige, arme Frau, der ein Vermögen zusteht, vom den sie aber nichts ahnt
  • Der Schurke, der sich als Gutmensch tarnt
  • Die Überraschung, dass der vermeintlich Böse gut und der vermeintlich Gute böse ist

Ob die Geschichte mit dem Rad der Elemente stimmt, weiß ich nicht. Ich habe in meiner Jungend bestimmt 30 von Wallace Kriminalromanen gelesen und kann sagen: Ja, denkbar wäre es. Aber unterhaltsam sind seine Geschichten allemal.

„Aber eines Tages…“ – Mit The Story Spine auf Geschichten kommen.

„The Story Spine“, also das Rückgrat der Geschichte, ist eine Art Formular, das aus dem Improvisationstheater kommt. Es hilft uns, eine Geschichte schnell und einfach zu entwerfen. Der Grundgedanke dabei ist: Eines Tages ändert sich ein gewohnter Ablauf, es entsteht ein Konflikt, der die Geschichte in Gang setzt. Ein Held zieht los, die Herausforderung zu meistern. Er muss immer schwierigere Hindernisse überwinden, bis er am Ende erfolgreich ist oder untergeht. 

FormularStrukturFunktion
Es war einmal…AnfangOrt und Zeit der Handlung sowie der Held werden vorgestellt.
Jeden Tag…AnfangDer Alltag wird dargestellt.
Aber eines Tages geschah Folgendes…AnfangEines Tages ändert sich etwas, das die Geschichte in Gang bringt. Ein Konflikt, ein großes Ziel.
Daher…MitteDie Änderung im Alltag hat Konsequenzen. Der Held verfolgt sein Ziel und muss Widerstände überwinden.
Deshalb…Mitte 
So kam es, dass…Mitte 
Bis schließlich…HöhepunktDer Held verwandelt sich und meistert so die letzte Aufgabe.
Und seitdem…SchlußEin neuer Alltag wird dargestellt.

It’s all about Change – Mit dem Dreisprung auf Geschichten kommen.

In Storytelling-Seminaren oder -Workshops male ich gerne ein Strichmännchen an die Wand (Ich würde gern einen tollen Helden oder eine tolle Heldin zeichnen, aber leider reicht mein Talent nur für ein bescheidenes Strichmännchen). Die Figur durchläuft drei Phasen. 

  • Phase 1 ist der Status-quo, das Strichmännchen schaut freundlich. 
  • Phase 2 ist der Konflikt, das Strichmännchen hat die Mundwinkel nach unten gezogen. 
  • Und Phase 3 schließlich beschreibt die Veränderung. Das Strichmännchen jubelt und hat je nach Geschichte eine Krone auf dem Kopf oder eine leuchtende Glühlampe oder ein Herz über sich. Die letzte Phase macht deutlich, was der Kern von großen Geschichten ist: die Veränderung. Leben ist Veränderung. Es gehört zum menschlichen Wesen, sich permanent verbessern zu wollen. Wir sind nie zufrieden. Jedenfalls nicht lange. Geschichten erzählen uns, wie so eine Veränderung funktioniert. 

Phase 1 und Phase 3 zeigen plakativ den Vorher/Nachher-Effekt. Phase 2 sorgt dafür, dass sich der Held bewegt und die Geschichte Fahrt aufnimmt. Ohne Konflikt bleibt alles, wie es war. Der Held gibt sich keine Mühe, sich zu verändern. Deshalb sind Kris

Entwicklung beim Storytelling: Vom Bettler zum König. Illustration.
Entwicklung beim Storytelling: Vom Bettler zum König.

Wie kann man mit diesem Dreisprung arbeiten? Überlegen Sie sich zunächst, wer der Held der Geschichte ist. Denken Sie nun darüber nach, in welcher Situation der Held ist und wie sich seine Situation am Ende der Geschichte verändert haben soll. Nun brauchen Sie noch den Konflikt, der die Geschichte in Gang bringt. Fertig, das Grundgerüst steht.

Erinnern wir uns an die Elemente beim Storytelling: Neben dem Helden können wir noch eine weitere Person ergänzen: den Mentor. Der Mentor ermöglicht dem Helden etwas. Er hilft, überzeugt, motiviert und inspiriert den Helden. Er vermittelt Wissen und Fähigkeiten, bringt den Helden zum Beispiel mit einem magischen Gegenstand weiter oder rettet ihn.

Storytelling Techniken: Mit der Achterbahn-Technik auf Geschichten kommen.

Willkommen im Zeitalter, in dem die Menschen von Geschichten überflutet werden. Die nächste Story ist nur einen Klick entfernt. Geschichtenerzähler haben sich an diese Bedingungen angepasst. Früher hat sich ein Geschichtenerzähler am Anfang Zeit lassen können, um zunächst in aller Ruhe die Ausgangssituation darzustellen. Heute scheint er von der ersten Sekunde an Vollgas geben zu müssen. Zumindest beginnen viele Filme ganz bewusst mit nervenaufreibender Action. Das Publikum wird ins kalte Wasser geworfen.

Zum Beispiel so: Ein roter und ein schwarzer Sportwagen liefern sich auf einer engen Serpentinenstraße eine Verfolgungsjagd. Im roten Flitzer sitzt eine geheimnisvolle Brünette, im schwarzen Wagen zwei Muskelprotze. Ein Helikopter taucht aus dem Nichts auf und feuert Raketen auf die Fahrerin ab. Ihr Wagen macht eine Vollbremsung, sie springt in den Abgrund – und taucht gleich darauf wieder auf: an einem Fallschirm. Das Adrenalin rauscht, das Herz rast. Was passiert hier? Der Zuschauer wird in die Handlung hineingezogen, indem sie Fragen aufwirft und sofort aus allen Rohren feuert. 

Storytelling Struktur Social Media
Diese Storytelling Struktur entspricht einer emotionalen Achterbahnfahrt.

„Ein Film muss mit einem Erdbeben beginnen und sich dann langsam steigern“, hat der US-amerikanische Filmproduuzent Samuel Goldwyn einmal gesagt. Das ist ein schöner Gedanke, taugt aber in der Praxis nur für den Beginn der Geschichte.

In Wirklichkeit ist es eher eine Achterbahnfahrt, auf die wir das Publikum mitnehmen. Wir beginnen extrem stark, dann kommt auch mal ein etwas ruhigerer Abschnitt. Immer nur Action, die sich immer weiter steigert – das kann nicht gut gehen. Anspannung und Entspannung müssen sich abwechseln. Man muss das Publikum auch mal verschnaufen lassen.

Der Moderator Rudi Carrell hat einmal gesagt: „Witze kann man nur dann aus dem Ärmel schütteln, wenn man sie vorher hineingesteckt hat.“ Übertragen auf Geschichten könnte man sagen: Man kann das am besten erzählen, was man selbst erlebt hat. Nun ist es sicher nicht nötig, alles Geschichten, die man erzählen möchte, selbst erlebt zu haben. Aber man kann sich vom Leben inspirieren lassen. Ideen und Geschichten sind überall. Wer aufmerksam ist, sich für andere interessiert und zuhören kann, der sammelt einen großen Schatz, aus dem er immer wieder schöpfen kann. Geschichten, die das Leben schrieb, sind oft am besten.

„People don’t buy what you do; people buy why you do it”, sagt der Autor Simon Sinek und rät: “Start with why”. Die meisten Unternehmen, so Sinek, wissen, was sie tun (etwa Autos bauen) und wie sie es tun (Fertigungsstraße, Logistik etc.). Aber: Die wenigsten Unternehmen wissen auch, warum sie das eigentlich tun, so der Ansatz von Simon Sinek. Ihnen fehlt ein höheres Ziel, eine übergeordete Vision, die sie mit einer klaren Haltung zum Ausdruck bringen könnten. Sein Rat lautet, sich zunächst darüber klar zu werden, warum der Held macht, was er macht. Was ist seine Vision, seine Haltung, seine Überzeugung?

Storytelling Techniken
“Start with why”, sagt Simon Sinek.

Apple verkauft nicht nur Handys und Computer. Apple ist überzeugt davon, dass Menschen mit Leidenschaft den Status-quo herausfordern können. Mit der Unterstützung und Inspiration von Apple. Claim: Think different.

Nike verkauft nicht nur Laufschuhe. Nike ist überzeugt davon, dass Sportler über sich hinauswachsen können. Mit der Hilfe und der Inspiration von Nike. Claim: Just do it.

Für Christopher Booker kann man jede Geschichte der Welt einem von sieben Grundplots zuordnen:

  • Wiedergeburt. Die Geschichte steuert auf ein Tragödien-Ende zu. Da der Held seine Fehler jedoch rechtzeitig erkennt und sich verändert, geht alles gut.
  • Held gegen Monster. Das Monster erscheit übermächtig, kann aber am Ende durch den Mut und den Einfallsreichtum des Helden besiegt werden.
  • Vom Tellerwäscher zum Millionär. Der Held lebt in ärmlichen Verhältnissen, kommt zu Reichtum, verliert aber alles wieder. Erst, nachdem er sich weiterentwickelt hat, bekommt er seinen Reichtum zurück.
  • The Quest. Der Held bricht auf, um eine Herausforderung zu meistern.
  • Reise & Rückkehr. Der Held taucht in eine unbekannte Welt ein, muss Hindernisse überwinden und kehrt am Ende mit Erkenntnissen in die gewohnte Welt zurück.
  • Komödie. Damit sich zwei Liebende finden, müssen erst Verwirrungen und Missverständnisse aufgelöst werden. 
  • Tragödie. Eine Umkehrung des Monster-Plots. Der Held wird selbst zum Monster und wird am Ende besiegt. 

Soweit die 10 Storytelling Techniken. Es gibt sicher noch mehr. Aber es kommt nicht darauf an 100 Techniken zu kennen, sondern darauf, sich eine rauszupicken und loszulegen. Viel Erfolg!

Storytelling Buch: Cover.

Weitere Impulse finden Sie in meinem Buch: Das Buch für Ideensucher. Denkanstöße, Inspirationen und Impulse für Kreative. 2. Auflage. Jetzt mit Ideen fürs Storytelling.

Philipp Barth, freier Texter aus Berlin (Porträt)
Philipp Barth, freier Texter in Berlin